Energiemanagementsysteme in Wohngebäuden
Energiemanagementsysteme im Sinne der vorliegenden Fachinformation haben ihren Ursprung im industriellen Sektor. Mit Einführung der ISONorm 50001 „Energiemanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung“ wurde 2011 der Begriff „Energiemanagementsystem“ mit dem Ziel etabliert, relevante Energieströme in Produktionsprozessen zu erfassen. Anhand dieser gesammelten Informationen sollten Prozesse energieeffizienter ausgestaltet werden.
Für klassische Wohngebäude spielten Energiemanagementsysteme oder englisch abgekürzt HEMS (Home Energy Management System) in der Vergangenheit eine eher untergeordnete Rolle, da Haushalte als „reine Verbraucher“ mit fixen Stromtarifen agierten. Auch der breite Hochlauf von Photovoltaikanlagen (PVAnlagen) in den frühen 2000er Jahren änderte daran wenig: Durch hohe Einspeisevergütungen stellte sich die Frage der Nutzung des selbst erzeugten Stroms nicht, dieser wurde zumeist vollständig in das Netz eingespeist. Eine eigene Nutzung des erzeugten Stroms war aufgrund des niedrigen Preises für den Netzbezug und der hohen Einspeisevergütung wirtschaftlich unattraktiv.
Die Einspeisevergütung für neu installierte Anlagen wurde in den Jahren 2008 bis 2014 von ca. 50 Cent/kWh auf etwa 12 Cent/kWh abgesenkt, um günstigere Anschaffungspreise von PV-Anlagen in der Einspeisevergütung abzubilden.
Im gleichen Zeitraum stieg der Preis für netzbezogenen Strom. Diese Konstellation führte um das Jahr 2011 zu einem sogenannten „Break-even“: Der Preis pro Kilowattstunde netzbezogenen Stroms war ab diesem Zeitraum höher als die Einspeisevergütung für die Kilowattstunde Strom aus der Eigenerzeugung. Das ist auch heute noch so und deshalb ist es nach wie vor wirtschaftlicher, den selbst erzeugten Strom direkt im Haus zu nutzen – zum Beispiel zum Laden des Elektroautos, aber auch für den Betrieb der Waschmaschine und anderer elektrischer Geräte.
Eigenverbrauch
Zur Quantifizierung unterscheidet man zum einen den Begriff „Autarkie“, welcher angibt, zu welchem Teil der eigene Strombedarf durch die PV-Anlage gedeckt wird. Zum anderen gibt die „Eigenverbrauchsquote“ an, welcher Anteil des selbst erzeugten Stroms selbst genutzt wurde.
Aufgaben von Energiemanagementsystemen
Aufgrund der stark gesunkenen Einspeisevergütung wollen Bauherren oder Sanierungswillige, die sich für ein HEMS interessieren, zumeist möglichst viel vom selbst erzeugten PV-Strom im eigenen Haus verbrauchen. Hierbei spielen automatisierte HEMS eine zentrale Rolle: Da wetter-, tageszeit- und jahreszeitabhängig, ist die Erzeugung von PV-Strom schwankend und kann nicht ausreichend an den Bedarf angepasst werden. HEMS können die Stromnutzung durch verschiebbare Lasten an die nicht verschiebbare Stromerzeugung der PV-Anlage anpassen und somit den Autarkiegrad erhöhen.
Neben der Lastverschiebung ist auch das Zwischenspeichern von PV-Strom eine Möglichkeit, den Autarkiegrad zu erhöhen. Dazu werden Batteriespeichersysteme eingesetzt, deren Funktion auch von einem bidirektional ansteuerbaren Speicher des Elektroautos übernommen werden kann.
In der Regel beschränken sich HEMS-Funktionen auf elektrische Energieströme, thermische Energieströme werden von gängigen Systemen nicht direkt erfasst. Sie können jedoch auf elektrisch betriebene Wärmeerzeuger, z. B. eine Infrarot- oder eine andere Stromdirektheizung, oder stromerzeugende Heizungen wie eine Wärmepumpe zugreifen und diese steuern. Die wesentlichen Aufgaben von HEMS sind in der Tabelle beispielhaft zusammengefasst.
Monitoren und Visualisieren von Energieströmen im Haushalt | |
Optimales Anpassen von flexiblen Energieverbrauchern an die unflexible Erzeugung Erneuerbarer Energien | |
Optimales Anpassen der flexiblen Energieerzeugung an die unflexiblen Energieverbraucher | |
Steuerung von elektrischen Speichern | |
Reaktion auf Steuersignale von außen (z. B. Berücksichtigung von flexiblen Stromtarifen und abschaltbaren Lasten gemäß §14a EnWG) | |
Zukünftig: Teilnahme mit eigenen Erzeugern und Verbrauchern an den Energiemärkten (Strombörse, Regelenergiemarkt) |
HEMS = Smart Home?
Ein HEMS ist Teil eines „Smart Home“. Gerade die wachsende Anzahl smarter Haushaltsgeräte und der steigende Anteil von Vernetzung und Steuerung sprechen für den Einsatz eines HEMS. Smart-Home-Anwendungen können in die Bereiche Komfort, Sicherheit, Gesundheit und Energie unterteilt werden. Viele Anforderungen, die an ein Smart Home gestellt werden, sind daher auf ein HEMS übertragbar.