Planung eines Energiemanagementsystems

Die richtigen Fragen stellen

Die intelligente Vernetzung von Anlagen und Geräten unterschiedlicher Hersteller durch ein HEMS ist komplex und erfordert eine prozessorientierte Planung. Dabei sollten Steuermöglichkeiten und Schnittstellen nicht als gegeben vorausgesetzt werden. In der Planungspraxis stellt die oft noch fehlende Interoperabilität zwischen verschiedenen Geräten und Herstellern die Planenden bereits zu Beginn vor Probleme. Dies ist bei der Planung und Installation einer Anlage unbedingt zu beachten.

Der Markt der Komponenten wie Wärmepumpen, Ladestationen und Wechselrichter wächst, genau wie die Zahl der unterschiedlichen Hersteller. Diese bieten meist ein eigenes proprietäres System an, welches ggf. nur begrenzt mit anderen Produkten kombinierbar ist. Daneben gibt es auch Anbieter, deren HEMS auf die Vernetzung von Produkten unterschiedlicher Hersteller ausgelegt sind.

HEMS sind förderfähig!

Der Einbau digitaler Systeme zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung in Wohngebäuden ist förderfähig. Förderkonditionen und technische Mindestanforderungen sind im Förderprogramm „Einzelmaßnahmen“ der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) zu finden.

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© Stanisic Vladimir - stock.adobe.com

Ein erstes Gespräch zwischen Kunde und Auftragnehmer kann auf den folgenden Kernfragen aufbauen:

1. Ziele festlegen

  • Energieeinsparung?
  • Erhöhung des Eigenverbrauchs?
  • Vereinfachte Handhabbarkeit von unterschiedlichen Komponenten und Geräten?
  • Transparenz von Energieverbräuchen und -erzeugung?
  • Soll extern auf das HEMS zugegriffen werden können?

2. Interoperabilität der geplanten oder vorhandenen Installation berücksichtigen

  • Welche Anlagen und Komponenten sind geplant oder bereits verbaut, die in das HEMS integriert werden können?
  • Ist eine geplante oder vorhandene PV-Anlage eine Volleinspeiseanlage oder soll der erzeugte Strom selbst genutzt werden? Wann läuft die Förderung der PV-Anlage aus?
  • Welche Schnittstellen welcher Hersteller sind oder werden verfügbar?
  • Ist für die Erreichung des Ziels eine Anlagenerweiterung oder der Austausch von bestimmten Komponenten möglich?
  • Ist eine eventuell vorhandene Wärmepumpe „Smart-Grid-fähig“, verfügt also über ein SG Ready-Label und kann netzseitig angesteuert werden?

3. Auswahl des passenden HEMS unter Beachtung kompatibler Schnittstellen und softwareseitiger Funktionen

Moderne Messeinrichtung

Die analogen Zähler, die sogenannten Ferraris-Zähler, sind bis spätestens 2032 vollständig durch moderne Messeinrichtungen zu ersetzen. Eine moderne Messeinrichtung zeichnet sich per Definition durch einen digitalen Zähler ohne Kommunikationseinheit aus. Die Messeinrichtung kann Energieverbrauchswerte der Vergangenheit speichern und tages-, wochen-, monats- oder jahresgenau anzeigen.

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Energiemanagementkontroller zum Einbau in den Zählerschrank, © Hager

Anforderungen an die Gebäudeinfrastruktur und technische Besonderheiten

Anforderungen an die Installation
Grundsätzlich stellt ein HEMS keine spezifischen Anforderungen an die Gebäudeinfrastruktur. In der Regel wird der Energiemanagementkontroller im Zählerschrank installiert. Eine Anbindung an den Stromzähler ist in der Regel essenziell für die Aufgaben des HEMS. Ist bereits ein Batteriespeicher installiert, ist der dazugehörige Wechselrichter i. d. R. bereits an den Stromzähler angeschlossen oder ist zusätzlich mit einem eigenen Stromzähler ausgestattet.

Kommunikation
Bei der Installation gilt es darauf zu achten, dass alle Geräte miteinander verbunden werden können – dabei ist insbesondere im Neubau eine kabelgebundene Kommunikation zu bevorzugen. Einige Geräte bieten auch die Möglichkeit per Funk zu kommunizieren, wie der beispielhafte HEMS-Aufbau mit unterschiedlichen Kommunikationskanälen in der Abbildung zeigt.

Energiemessung
Die Energiemessung ist Grundlage für die Anwendungen in einem HEMS. Angefangen bei der Visualisierung über die Regelung bis hin zur Abrechnung von variablen Tarifen. Mit dem „Smart Meter Rollout“ verfügen Haushalte nach und nach über ein intelligentes Messsystem.

Intelligentes Messsystem

Eine moderne Messeinrichtung, welche mit einer Kommunikationseinheit (Smart Meter Gateway, SMG) ausgestattet wird, wird intelligentes Messsystem (iMSys) genannt. Die Energieverbrauchswerte sind dadurch nicht mehr nur direkt am Gerät selbst, sondern auch durch den Messstellenbetreiber fernauslesbar.

Energiemanagementsysteme im Neubau
Bei der gleichzeitigen Anschaffung unterschiedlicher Komponenten ist sicherzustellen, dass diese eine geeignete Schnittstelle zum späteren HEMS besitzen. HEMS-Anbieter informieren auf ihrer Homepage oder auf Anfrage darüber, welche Endgeräte in das HEMS eingebunden werden können. Die Kommunikation erfolgt meist über Ethernet oder über vieradrige Busverbindungen. Eine detaillierte Auflistung über mögliche Schnittstellen befindet sich in der Marktübersicht in der Tabelle „Marktübersicht HEMS-Zentralen und deren Schnittstellen“.

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Beispielhafter HEMS-Aufbau mit unterschiedlichen Kommunikationskanälen

Energiemanagementsysteme im Gebäudebestand
Bei Bestandsinstallationen ist zu berücksichtigen, dass einzelne HEMS-Funktionalitäten (z. B. Ansteuerung von Ladesäulen, Schalten von flexiblen Lasten) unter Umständen bereits in vorhandenen Solar- oder Batteriewechselrichtern integriert sind.

Im Unterschied zu gerätespezifischen HEMSFunktionalitäten sind eigenständige HEMSZentralen meist flexibler und bieten umfangreichere Ansteuerungsmöglichkeiten. Im Falle einer nachträglichen Installation in einem Bestandsgebäude sind kabelgebundene Kommunikationswege häufig nur mit hohem baulichem Aufwand zu realisieren. Sollte aus diesen Gründen ein funkbasiertes System zum Einsatz kommen, muss wiederum sichergestellt werden, dass alle benötigten bzw. vorhandenen Komponenten per Funk „ansprechbar“ sind und auch die für die HEMS-Funktionalität erforderlichen Schnittstellen erreichbar sind.

Grundsatzfragen der Software
Grundsätzlich sind zwei „Fahrweisen“ von HEMS zu unterscheiden: Energiemanagementsysteme können Komponenten aufgrund von regelbasierten oder optimierten Algorithmen steuern. Für Endkunden ist oftmals nicht transparent, auf welcher Basis die Software arbeitet. Bei komplexen Konfigurationen, die z. B. zeitvariable Tarife, eine PV-Anlage, einen Batteriespeicher und eine Ladestation umfassen können, ist eine regelbasierte („starre“) Steuerung häufig nicht mehr in der Lage, die optimale Fahrweise der einzelnen Komponenten zu berechnen. Besser ist in diesen Anwendungsfällen der Einsatz von Optimierungsalgorithmen, die auf Basis historischer Messwerte und/oder Prognosen das Gesamtsystem flexibel steuern und diverse Einflussfaktoren berücksichtigen können.

Neben den am Markt verfügbaren vorkonfigurierten HEMS, die eine in sich geschlossene Hard- und Softwarelösung darstellen, existieren auch offene Softwarelösungen, die HEMS-Funktionalitäten unterstützen.

Marktübersicht eigenständiger Energiemanagementzentralen

Der Markt für HEMS wächst ständig, mittlerweile ist ein breites Feld unterschiedlicher Produkte verfügbar. Die folgende Marktübersicht gibt einen Überblick über eigenständige HEMS-Zentralen. HEMS-Funktionalitäten in einzelnen Komponenten wie Wechselrichtern oder Wallboxen wurden aus Komplexitätsgründen nicht berücksichtigt. Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist das Ergebnis einer im Juli 2022 durchgeführten Marktrecherche der Autoren.

Marktübersicht HEMS-Zentralen und deren Schnittstellen
Schnittstellen (Übersicht) Häufig genutzt für
Ethernet/RJ45 Switch, Wallbox, PV-Wechselrichter, Batterie, Zähler
Bluetooth Smart-Home-Komponenten
USB Adapter falls z. B. keine RS485 Schnittstelle vorhanden, optische Ausleseköpfe für Energiezähler
RS485 Wallbox, PV-Wechselrichter, Batterie, Energiezähler
Digital In Rundsteuerempfänger, S0-Stromzähler
Digital Out SG Ready-Wärmepumpe
One Wire Temperaturmessung
PT1000 Temperaturmessung
CAN Batterie
Z-Wave Smart-Home-Komponenten
ZigBee Smart-Home-Komponenten
CLS (Schnittstelle am IMSys) IMSys