Optimierung der Eigenstromnutzung in der Praxis

Ausgangslage: PV-Anlage ohne Energiemanagementsystem

Wie einführend beschrieben, dienen HEMS in Wohngebäuden zumeist der Optimierung des Eigenverbrauchs von selbst erzeugtem PV-Strom. Die folgenden Kapitel betrachten unterschiedliche Komponentenkonstellationen mit den einhergehenden Tageslastgängen, die grafisch aufbereitet wurden.

Die Abbildung zeigt einen beispielhaften Tagesverlauf eines Haushaltsverbrauchs (hellblau) und des selbst erzeugten PV-Stroms (gelb). Bei dem Beispiel handelt sich um einen sonnigen Tag mit durchgehender PV-Strom-Erzeugung. Das Haushaltsprofil entspricht dabei einem typischen Verbrauchsprofil einer Familie mit berufstätigen Eltern und schulpflichtigen Kindern. Charakteristisch sind Lastspitzen in den Morgen- und Abendstunden sowie ein geringer Strombedarf ab dem Vormittag bis zum frühen Nachmittag.

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Ungeregelte PV-Anlage

Im abgebildeten Fall kann ein Großteil des erzeugten PV-Stroms nicht genutzt werden, da zur Spitzenerzeugungszeit am Mittag der Strombedarf gering ist. Bei üblichen, wirtschaftlich sinnvollen PV-Anlagengrößen können so über das gesamte Jahr etwa 30 bis 40 Prozent des eigenen Stromverbrauchs durch die PV-Anlage gedeckt werden. Der erreichte Autarkiegrad ist dabei abhängig vom Lastprofil, der Ausrichtung der PVAnlage sowie dem Verhalten der Bewohner.

PV-Anlage mit Batteriespeicher und Energiemanagementsystem

Aufbauend auf der vorherigen Darstellung wird nun ein System mit einem Batteriespeicher betrachtet. Dieser kann überschüssigen PV-Strom speichern und bedarfsgerecht zur Verfügung stellen. Die Abbildung „PV-Anlage mit Batteriespeicher“ zeigt beispielhaft, wie ein geladener Batteriespeicher teilweise die Versorgung des Hauses in Zeiten einer PV-Unterdeckung (Erzeugung – Verbrauch < 0) übernimmt.

Der Batteriespeicher ist gegen 11:30 Uhr vollständig geladen, sodass es am Nachmittag zu einer Netzeinspeisung des erzeugten PV-Stroms kommt. Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Wirkleistungsbegrenzung der PV-Anlage wird diese zur Mittagszeit auf 70 Prozent gedrosselt. Die Drosselung ist in der Grafik durch einen schwarzen Balken dargestellt. Über das Jahr, gehen so im gezeigten Beispielhaushalt etwa sieben Prozent des theoretisch erzeugbaren PV-Stroms durch die Wirkleistungsbegrenzung verloren.

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PV-Anlage mit Batteriespeicher
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Speichersystem mit Lastverschiebung

70-Prozent-Regel

Um eine lokale Überlastung des Stromnetzes zu vermeiden, wurde mit dem EEG 2012 die 70-Prozent-Regel eingeführt. Vor allem an sonnenreichen Tagen zur Mittagszeit in Regionen mit vielen PV-Anlagen kommt es durch diese zu Erzeugungsspitzen. Die 70-Prozent-Regelung hatte das Ziel, diese Mittagsspitze zu begrenzen, um einer Überlastung des lokalen Stromnetzes vorzubeugen. Im § 9 EEG steht dazu, dass ab einer Anlagenleistung von 7 kWp eine Möglichkeit zur Fernsteuerung vorgeschrieben ist. Alternativ können kleine Anlagen bis 25 kWp mit einer Begrenzung der Wirkleistungseinspeisung auf 70 Prozent der installierten Leistung ausgestattet werden.

Das wird im einfachsten Fall durch den PV-Wechselrichter umgesetzt, der statisch die maximale Erzeugungsleistung begrenzt. Hat man einen Speicher zur Verfügung, kann man diesen so steuern, dass er zur Mittagszeit ausreichend freie Kapazität hat, um die Mehrleistung, die sonst abgeregelt wird, aufzunehmen. Bei einer dynamischen Einspeisebegrenzung berücksichtigt der Wechselrichter auch die aktuell im Haus benötigte Leistung und regelt so nicht die Erzeugung, sondern die Einspeisung, um der 70-Prozent-Regel gerecht zu werden. Mit dem EEG 2023 fällt die 70-Prozent-Regel für Anlagen bis 25 kWp weg. Für Altanlagen wird die 70-Prozent-Regelung bis 7 kWp ab 1. Januar 2023 aufgehoben. Wörtlich heißt es in dem Energiesicherungspaket vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vom 21. Juli 2022: „Damit Solaranlagen ebenfalls mehr Strom einspeisen können, ist angestrebt, die 70 Prozent-Kappungsregel für Bestandsanlagen zu streichen“.

PV-Anlage mit Batteriespeicher und Lastverschiebung

Bei dem vorliegenden Lastprofilbeispiel kann angenommen werden, dass die Verbrauchsspitze von 18 bis 19 Uhr durch einen Aufheizvorgang des Warmwasserspeichers verursacht wurde. Ist der Warmwasserspeicher der Anlage ausreichend groß dimensioniert, könnte die Ladung ohne Komfortverlust in die sonnenreiche Zeit verschoben werden. Die Abbildung zeigt auf, wie eine Lastverschiebung durch die smarte Steuerung von großen elektrischen Verbrauchern den Eigenverbrauch selbst erzeugten Stroms steigern kann.

Aufgrund der Verschiebung durch ein HEMS kann der PV-Strom anstelle einer Netzeinspeisung direkt vor Ort genutzt werden. Zudem wird die Energie für den Aufheizvorgang nicht mehr aus dem Batteriespeicher entnommen. Abhängig von Nutzungszeiten können auch Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen sowie Strombedarfe von Haushaltsgroßgeräten verschoben werden.

SG Ready-Wärmepumpen

Wärmepumpen bieten – abhängig vom energetischen Standard des Gebäudes – ein Lastverschiebepotenzial. Geräte mit einem SG ReadyLabel („Smart Grid-Ready“) verfügen bereits über eine definierte Schnittstelle, über die die Wärmepumpe flexibel geschaltet werden kann. Die Schnittstelle der Wärmepumpe kann dabei vom Netzbetreiber genutzt werden, um den Betrieb der Wärmepumpe zu Gunsten der Netzstabilität zu verschieben. Alternativ kann auch ein HEMS auf die Wärmepumpenschnittstelle zugreifen, z. B. um den PV-Eigenverbrauch zu maximieren. Über die SG Ready-Schnittstelle können per Definition vier verschiedene Betriebszustände vorgegeben werden.

Betriebszustände SG ReadyWärmepumpen

  • Betriebszustand 1
    Sperrzeit (für maximal zwei Stunden)
  • Betriebszustand 2
    Energieeffizienter Normalbetrieb
  • Betriebszustand 3
    Verstärkter Betrieb (oder auch Einschaltempfehlung)
  • Betriebszustand 4
    Definitiver Betrieb

Die folgende Tabelle zeigt die Auswirkungen auf die Eigenverbrauchsquote, wenn eine SG ReadySchnittstelle genutzt wird. Das Potenzial hängt im Wesentlichen von dem Warmwasserbedarf in der sonnenreichen Zeit bzw. der Solarstrahlung in der Zeit mit hohem Warmwasserbedarf ab.

Die Musterrechnung basiert auf einem Jahresstromverbrauch von 4.000 kWh und einer 6 kWp PV-Anlage mit einem 6 kWh Batteriespeicher.

Szenario Eigenverbrauchsquote
PV-Anlage 15 % - 25 %
PV-Speichersystem 40 % - 50 %
PV-Speichersystem mit Lastverschiebung +5%

Elektromobilität: Optimierung der Eigenstromnutzung durch ein Energiemanagementsystem

Wird im Haushalt ein Elektroauto genutzt, steigt der Strombedarf: Bei einer Jahresfahrleistung von 12.000 km und einem durchschnittlichen Verbrauch von 20 kWh/100 km entspricht der Mehrbedarf etwa 2.400 kWh elektrischer Energie im Jahr.

Ungeregeltes/ungesteuertes Laden des Elektroautos
Beim ungeregelten/ungesteuerten Laden wird das Elektroauto mit der maximal verfügbaren Leistung (begrenzt durch Wallbox und Elektroauto meist 3,7 bis 11 kW) geladen. Dabei kann abhängig vom Zeitpunkt des Ladevorgangs und gleichzeitig verfügbarer PV-Leistung ein Anteil PV-Strom in das Fahrzeug geladen werden. Ein Großteil der Energie wird jedoch aus dem Stromnetz bezogen, wie Abbildung 11 zeigt.

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Ungeregeltes Laden eines Elektroautos

Solarer Ladevorgang
Ist ein Gebäude mit einer PV-Anlage ausgestattet, lohnt eine Abstimmung des Ladevorgangs mit der erwarteten PV-Leistung und der geplanten Abfahrtszeit, um einen möglichst großen Teil des Ladestroms selbst zu erzeugen. Man spricht von einem „solaren Ladevorgang“, wenn das Elektroauto primär mit PV-Überschussstrom geladen wird. Damit das Fahrzeug zur geplanten Abfahrtszeit fahrbereit ist, sollte das HEMS den geplanten Zeitpunkt kennen und das Fahrzeug kurz vor der Abfahrt unabhängig von der verfügbaren PV-Leistung nachladen. Weitere Optimierungen sind möglich, wenn sich der Ladevorgang an der geplanten Fahrstrecke orientiert.

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Solares Laden eines Elektrofahrzeugs

Für Elektromobilisten, die tagsüber mit dem Fahrzeug nicht zu Hause sind, kann ein Batteriespeicher sinnvoll sein, um den über den Tag gespeicherten PV-Strom abends in das Fahrzeug umzuladen. Betreibt man ein PV-Speichersystem mit einer Wallbox, ist es ratsam, die maximale Ladeleistung der Wallbox auf die Leistung des Batteriewechselrichters einzustellen, damit beim Laden mit Batteriestrom nicht zusätzlich Strom aus dem Netz benötigt wird.

Zusammenfassung der Anwendungsfälle

In der folgenden Zusammenstellung sind Kombinationen einer PV-Anlagen mit unterschiedlichen Verbrauchern und Speichern sowie die daraus resultierenden HEMS-Funktionalitäten aufgeführt.

Nr. Erzeuger Verbraucher Speicher sinnvolle HEMS-Funktionalität
1 PV Unflexible Verbraucher kein Visualisieren von Erzeugung und Verbrauch, Direktvermarktung PV-Strom
2 PV Flexible Verbraucher kein Lastverschiebung + Nr. 1
3 PV Wärmepumpe thermisch Verschieben der Laufzeiten der Wärmepumpe zur Eigenverbrauchserhöhung
4 PV Unflexible Verbraucher elektrisch Optimierte Fahrweise bei 70 % Abregelung + Nr. 1
5 PV Wallbox kein Solares Laden des E-Autos + Nr. 1

Beispielhafte Energieflüsse in einem Neubau

Annahmen*

  • Jahresenergieverbrauch: 4000 kWh
  • PV-Anlage: 6 kWp
  • Gebäude: Einfamilienhaus Niedrigenergiegebäude (U-Wert = 0,35 W/K/m²)
  • Batteriespeicher: 6 kWh
  • Wärmepumpe: 10 kW
  • Warmwasserbedarf: 200 l/Tag
  • Jahresfahrleistung Elektroauto: 12.480 km
  • Eigenverbrauchsquote: 94 %
  • Autarkiegrad: 45 %

* Angaben beinhalten auch Batteriespeicherverluste in Form von Stand-by- und Umwandlungsverlusten

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