Forum 1
Bedeuten smarte Gebäude mit neuen, digitalen Technologien auch immer gleich einen Zugewinn an Energieeffizienz? Im Forum „Digital, smart und effizient“ wurde dieser sowie weitere Aspekte und Facetten der Digitalisierung in Wohngebäuden diskutiert. Bei Niedrigenergiehäusern treten häufig sogenannte „Rebound-Effekte“ auf und Einsparpotenziale können nur teilweise genutzt werden. Ist dies auch der Fall beim Smart Home, sind Nutzer überfordert? Wieviel Nutzerzugriff sollte ein Energiemanagementsystem zulassen, damit es effizient arbeiten kann? Diese Fragestellungen wurden in der Tandemdiskussion „Digitale Energiewende und Smart Living – Wie passt das zusammen?“ mit Dr. Severin Beucker vom Borderstep Institut und Gegor Wille von Hager aufgegriffen. Dr. Beucker informierte über aktuelle Forschungsvorhaben zur Gebäudeautomation und Netzintegration. Deutliche Energieeinsparungen durch Gebäudeautomation in Verbindung mit einem Haus Energie Management Systemen (HEMS) sind möglich, so das Statement von Gregor Wille. Kunden sind hier seiner Meinung aber nach wie vor noch sehr skeptisch. Er hinterfragt in diesem Zusammenhang, wie hoch eine Akzeptanz beim Nutzer wäre, wenn das Energiemanagement im Haus netzgeführt wäre.
Im weiteren Verlauf des Forums stellte Professor Dr.-Ing. Viktor Grinewitschus von der EBZ Business School ein gemeinsam mit der HEA entwickeltes Konzept für einen Smart Readiness Indicator (SRI) vor. Der SRI wird in der 2018 novellierten EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) empfohlen. Er soll die smarten Eigenschaften eines Gebäudes charakterisieren und den Grad der „Intelligenz“ bewerten. Auf europäischer Ebene soll im nächsten Jahr ein praktikabler Vorschlag für die Ausgestaltung des SRI vorgelegt werden, erste Ansätze werden derzeit diskutiert. Prof. Dr.-Ing. Grinewitschus erläuterte und verglich die Methodik der SRI-Ansätze im Detail. Die HEA ist Teil der EU-Arbeitsgruppe zur Ausgestaltung der SRI-Kalkulationsmethodik und projektiert zurzeit gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Grinewitschus einen Feldtest mit 500 Gebäuden, um praktische Erkenntnisse in den EU-Prozess einfließen zu lassen.
Experten hinterfragten in der abschließenden Podiumsdiskussion den schleppenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Mobilität. Sebastian Bachmann, Geschäftsführer der chargeIT mobility, lieferte in seinem Pitch Praxisbeispiele für intelligentes Lademanagement. Es wies darauf hin, dass einheitliche Standards, Kosten für Zertifizierungen und eichrechtliche Anpassungen die Entwicklung und den Ausbau von Lademanagement hemmen. Wie es an vorderster Front im Lademanagement aussieht, berichtete Martin Böhm. Er ist in dritter Generation Geschäftsführer eines Elektroinstallationsbetriebes sowie Mitglied im Vorstandsrat des ZVEH und betreibt die Errichtung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge als Kerngeschäft. Anhand von Praxisbeispielen belegte er, dass durch ein intelligentes Lademanagement und eine Analyse des Fahr- und Ladeverhaltens nicht immer ein groß dimensionierter Netzanschluss erforderlich ist.
Last but not least berichtete Dr. Hendrik Adolphi über Reallabore zum Ladeverhalten in Siedlungsgebieten und die Verwendung der daraus erhobenen Daten. Dr. Adolphi ist Leiter des technischen Anlagenmanagements Strom/Gas bei der Netze BW und zeichnet für die Netzintegration der Elektromobilität mitverantwortlich. Obgleich nicht immer eine Netzerweiterung für das Laden von Elektrofahrzeugen erforderlich sei, beobachtet Dr. Adolphi im öffentlichen Raum eine Trendwende hin zum DC-Laden sowie hohe Ladeleistungen in Mehrfamilienhäusern und im Geschosswohnungsbau. Alle Teilnehmer sind sich darüber einig, dass die Politik in den Bereichen Eichrecht und Datenstandards beschleunigend wirken muss. Eine weitere Schwachstelle sind Eigentümergemeinschaften von Mehrfamilienhäusern, die sich selten einig sind, wenn es um die Errichtung einer Ladeinfrastruktur geht.