HEA-Forum bei den Berliner Energietagen 2019
© Energietage / Rolf Schulten

Veranstaltung

HEA-Forum bei den Berliner Energietagen 2019

Energiebetriebene Geräte sind in den letzten Jahren deutlich effizienter geworden. Energielabel und Ökodesign waren hier maßgebliche Treiber. Trotzdem werden die Energieeinsparziele der Bundesregierung bis 2020 wohl nicht erreicht. Bereits 2017 hat die Europäische Kommission eine Neuordnung der Energieverbrauchskennzeichnung beschlossen.

Welche Einspar-Impulse das neue Energielabel setzen kann und welche Anreize noch erfolgversprechend sind, zeigte das HEA-Fachforum „Supereffizient dank Energielabel und Ökodesign?“ aus der Sicht von Politik, Wissenschaft, Geräteindustrie und unabhängiger Testorganisation auf. Das Fachforum fand statt am 22. Mai 2019 im Rahmen der Berliner Energietage.

Erfolgsstory Energielabel

Eine „Erfolgsstory“ nennt Thomas Hinsch, Bundeswirtschaftsministerium, Energielabel und Ökodesign. Die Instrumente bedeuten für Witschaft, Regulierung und Verbraucher eine Win-Win-Situation, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft steigert und dabei den Energieverbrauch senkt. Im Energielabel würden hochkomplexe, technische Anforderungen zu einfacher, für Konsumenten verständlicher Information heruntergebrochen. Die 28 europäischen Mitgliedsstaaten fänden gemeinsam mit der europäischen Kommission und Stakeholdern kontinuierlich pragmatische Lösungen. Die Energieeinsparungen für das Jahr 2020 sollen sich ungefähr auf den Stromverbrauch von Italien im Jahr 2016 bei einer gleichzeitigen Kosteneinsparung von 63 Mrd. Euro auf Verbraucherseite, so neueste Wirkungsabschätzungen. Für dieses Jahr steht die Verabschiedung von sechs Energielabel-Verordnungen nach der neuen Rahmen-Verordnung an: Das betrifft Kühl- und Gefriergeräte, Beleuchtung, Displays und TV-Geräte, Geschirrspüler, Waschmaschinen und Kühlgeräte mit Verkaufsfunktion. Auffälligste Neuerung: Die Plus-Klassen fallen weg, stattdessen werden alle Gerätegruppen einheitlich in die Energielabelklassen A bis G eingeteilt. Dabei werden die Effizienzanforderungen dahingehend verschärft, dass die ersten Jahre die Klasse A und teilweise auch B leer bleiben sollen. Parallel werden elf Ökodesign-Verordnungen bearbeitet. Zu den Neuerungen zählen hier systematische Anforderungen an die Reparierbarkeit und das Recycling. So wird zukünftig vorgeschrieben, wie lange eine Reihe wichtiger Ersatzteile erhältlich sein muss, zudem soll der Zugang zu Reparatur- und Demontage-Anleitungen erleichtert werden. Die Anforderungen sollen überwiegend ab Frühjahr 2021 wirksam werden und dann auch die ersten Geräte mit dem neuen Label im Handel stehen. Als nächstes sollen Heizgeräte, Klimaanlagen, Wäschetrockner, Staubsauger Umwälzpumpen aber auch Duschköpfe und Wasserhähne neue Ökodesign- und zum Teil auch Energielabel-Verordnungen erhalten.

HEA-Forum bei den Berliner Energietagen 2019
v.l.n.r. Dr. Axel Neisser, Stiftung Warentest, Berlin, Thomas Hinsch, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Berlin, Dr. Corinna Fischer, Öko-Institut e.V, Darmstadt, Claudia Oberascher, HEA – Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung e.V., Berlin, Uta Weiß, ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH, Berlin, Dr. Christoph Thim, BSH Hausgeräte GmbH, München

Studien belegen Einsparpotenzial

In zwei Studien für das Bundeswirtschaftsministerium untersuchte das Öko-Institut, Freiburg, gemeinsam mit ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung, Heidelberg, anhand von ausgewählten Produktgruppen, welche nationalen Energieeinsparungen auf Ökodesign und Energielabel entfallen und wie sich die Einsparungen steigern lassen. Das Einsparpotenzial sei generell groß, erläuterte Dr. Corinna Fischer vom Öko-Institut, es liege aber weniger bei Kühl- und Gefriergeräten oder Beleuchtung, da hier die großen Einsparpotenziale bereits umgesetzt sind, sondern bei Heizkesseln, Warmwasserbereitung, Lüftungsanlagen und Motoren. Stromeinsparungen dieser Produktgruppen aufgrund von Ökodesign und Energielabel-Vorschriften trügen rund 40 Prozent der Einsparziele laut Energiekonzept der Bundesregierung von 2008 bis 2020.

Uta Weiß, vom Studien-Partner IFEU, zeigte auf, wie mit nationalen Labeln weitere Energieeinsparungen möglich sind. Das europäische Energielabel sei ein sehr erfolgreiches, gut funktionierendes Instrument, decke aber nur Neugeräte ab. Bereits eingeführt ist ein Altanlagen-Energielabel für Heizungen, das sich stark an das europäische Label anlehnt. Es wird seit 2016 schrittweise an alte Kessel vergeben: 2018 rund 1 Mio., 2019 voraussichtlich rund 1,2 Mio. Altanlagen-Label Mit dieser Bundesmaßnahme erhalten so eine große Anzahl von Haushalten eine persönliche Effizienzeinordnung. Als Weiterentwicklung wird eine stärkere Beratung empfohlen und Unterstützung bei der Auswahl eines neuen Kessels. Noch in Entwicklung ist ein Expertenlabel für Klima- und Lüftungsanlagen im Bestand, erläutert Weiß. Adressiert werden sollen mittlere und große Anlagen. Diese werden meist in Nichtwohngebäuden eingesetzt, verbrauchen viel Energie, sind komplex und langlebig und haben hohe Energieeinsparpotenziale von bis zu 50 Prozent. Das Label soll dem Eigentümer eine einfache Grundlage für Investitionsentscheidungen bieten. Ein personalisiertes Begleitdokument erläutert verständlich die Ergebnisse, zeigt die individuellen Einflussfaktoren auf und verbessert so die Motivation zu Handeln. Das Label richtet sich an Experten, u.a. soll die Vermittlung in Branchenschulen für energetische Inspektion von Klima- und Lüftungsanlagen erfolgen. Aktuell laufe noch die Programmierung des Labeltools, berichtet Uta Weiß, zwei Zugänge seien zukünftig angedacht: eine kostenlose Version über www.bafa.de sowie komfortablere Versionen als Teil kostenpflichtiger Branchen-Software.

Energieverbrauchsmessungen müssen verbraucherrelevant sein, betonte Dr. Axel Neisser, Wissenschaftlicher Leiter Haus, Energie, Freizeit und Verkehr bei der Stiftung Warentest. Und verdeutlichte diese häufig geäußerte Kritik am Energielabel anhand von Beispielen. Daher prüfe die Stiftung Warentest beispielsweise bei Waschmaschinen die sechs am häufigsten genutzten Programme, während beim Energielabel der Stromverbrauch nur im Sparprogramm gemessen wird. Während das Energielabel bei Kältegeräten den Verbrauch beim Lagern angibt, prüft die Stitung Warentest auch den Energieverbrauch zum Kühlen neu eingelagerter Lebensmittel, die von 25 Grad auf 8 Grad Celsius abgekühlt werden müssen. Die Stromkosten unterscheiden sich dabei in den Tests um bis zu 40 Prozent. Die Stiftung Warentest wurde 1964 auf Beschluss des Deutschen Bundestages gegündet, um die Öffentlichkeit unabhängig und objektiv durch vergleichende Tests von Waren und Dienstleistungen zu unterrichten und erfreut sich großer Bekanntheit und Beliebtheit mit über 100.000 Online-Abonnenten und einer verkauften Auflage der Zeitschrift test von fast 400.000 in 2017.

Beschleunigung der Marktdurchdringung

Klarer Kundennutzen, fairer Wettbewerb und definierte Spielregeln für Hersteller sind für Dr. Christoph Thim, BSH Hausgeräte Gmbh, nur einige der Erfolgsfaktoren des Energielabels seit über 20 Jahren. Auch die Konzerneigene Energieeffizienz-Bilanz kann sich sehen lassen: Je nach Gerätegruppe konnten zwischen 2001 und 2016 bis zu 75 Prozent Energieeinsparung erzielt werden. Die Marktdurchdringung mit hocheffizienten Geräten werde durch Ökodesign deutlich beschleunigt, da ineffizientere Geräte nicht mehr verkauft werden dürfen. Was dazu führe, dass beispielsweise bei Geschirrspülern der Anteil von Geräten in den Labelklassen A und schlechter von 31 Prozent in 2013 auf 1 Prozent in 2018 gefallen sei. Im gleichen Zeitraum habe sich der Anteil von A++ Geräten auf 50 Prozent verdoppel und der Anteil der besten Klasse A+++ liege immerhin bei 15 Prozent. Weitere Verschärfungen sieht Thim kritisch, da die Geräte an ihre technologischen Grenzen stoßen würden. Neue Ansatze biete die Kreislaufwirtschaft („Circular Economy“), die zukünftig auch bei Ökodesign- und Energielabe-Verordnungen stärker im Fokus stehen soll. Pilotprojekt der BSH hierzu sind beispielweise ein Leasing-Modell, ein Mietmodell für sozial schwache Haushalte. Auch die Vernetzung von Geräten wird weiterentwickelt und biete interessante Ansätze wie z.B. ein „pay per use“-Konzept oder intelligentes Energiemanagement.

In der anschließenden Diskussion waren sich die Referenten einig, dass Energielabel und Ökodesign nach wie vor wichtige Anreize setzen für die Erreichung der Energieeinsparziele. Nationale Tools stellen eine sinnvolle Ergänzung dar, um auch den Gerätebestand abzudecken und Impulse für einen Austausch zu geben. Dabei hat es sich durchaus bereits bewährt, wie im Falle des Heizungsaltanlagenlabels, die Bekanntheit des europäischen Labels zu nutzen. Gleichzeitig ist auch auf europäischer Ebene eine praxisgerechte Umsetzung entscheidend um gesetzte Einsparziele zu erreichen und gleichzeitig die Akzeptanz zu erhalten.

Zu den Berliner Energietagen: Die Veranstaltung ist Expertentreffpunkt zum Thema Energieeffizienz in Deutschland. Die Energietage fanden in diesem Jahr zum 20sten Mal statt. Zu den 58 Veranstaltungen mit über 350 Referent*innen lagen rund 9.600 Anmeldungen vor.

Die Vorträge der HEA-Veranstaltung können unter www.hea.de im „Veranstaltungsbereich heruntergeladen werden: www.hea.de/veranstaltungen/download/berliner-energietage–2019

Gut beraten mit HEA-Fachinformationen!

Sie wollen Ihre Kunden beim Energiesparen unterstützen? Dann nutzen Sie unsere Broschüren und Flyer für eine erfolgreiche Kundenberatung!

Jetzt neu: Ausgewählte Broschüren als Download erhältlich.

www.hea.de/shop