Effizienz ohne Grenzen – Ein Besuch auf Bornholm
© Falko Weidelt

Energiewirtschaft

Effizienz ohne Grenzen – Ein Besuch auf Bornholm

von Falko Weidelt

„Energiewirtschaft ist bunt und immer häufiger dezentral“, so lautete der Titel einer Themensession auf dem BDEW-Kongress 2019. Der Titel steht für einen dynamischen Wandel unserer Energieversorgung in Deutschland, hin zu Erneuerbaren Energien und dezentralen Strukturen. Aber was tut sich im Ausland, ein Blick über den Tellerrand lohnt sich. Wir wollen Ihnen daher in regelmäßigen Abständen energiewirtschaftliche Entwicklungen, innovative Forschungsprojekte und energietechnische Konzepte bei unseren europäischen Nachbarn vorstellen, denn Energiewirtschaft ist bunt.

Bornholm - die sonnenreichste Insel Dänemarks

Die dänische Ostseeinsel Bornholm liegt mit der Fähre etwa 3 Stunden nordwestlich von Rügen und ist näher an Schweden gelegen als am dänischen Festland. Bornholm ist bekannt als „Sylt von Dänemark“, was vermutlich an den über 2.000 Sonnenstunden im Jahr liegt, die weit über dem Landesdurchschnitt liegen. Die Insel hat etwa 40.000 Einwohner auf einer Fläche von 588 Quadratkilometer. Die Stadt Berlin ist im Vergleich nur ein Drittel größer aber beherbergt aber fast hundert Mal so viel Einwohner. Bornholm bietet also viel Platz und Sonne.

Effizienz ohne Grenzen – Ein Besuch auf Bornholm
Küste Bornholms, © cmfotoworks - stock.adobe.com

Doch es gibt noch mehr als lange Strände, schöne Landschaften und sehr viel Lebensqualität. Bekanntermaßen sind die sogenannten „Nordics“ Vorreiter in energieeffizienten und besonders nachhaltigen technischen Konzepten. Bei Gesprächen mit dem lokalen Energieversorger „Bornholms Energi & Forsyning“ (BEOF) wurde schnell klar, dass dieser Ruf berechtigt ist.

Bornholms Energi & Forsyning

(BEOF)Bornholms Energi & Forsyning (BEOF) ist zuständig für die Energie- und Wasserversorgung auf Bornholm. Neben der Stromversorgung beliefert BEOF rund 12.000 Haushalte und Unternehmen mit Wasser sowie 6.000 Haushalte mit Wärme. Darüber hinaus ist der Versorger für die komplette Abwasserentsorgung der Insel verantwortlich. Derzeit werden etwa 60 Prozent der elektrischen Energie auf der Insel selbst produziert, wobei man hier weitgehend auf fossile Energieträger verzichtet. Lediglich zu Revisionszwecken der Biomasseheizkraftwerke oder an extrem kalten Wintertagen muss ein geringer Anteil fossiler Energieträger hinzugezogen werden. Der übrige Strom wird über ein 43 Kilometer langes 110 kV-Seekabel aus Schweden importiert. Die Gemeinde Bornholm hat sich jedoch das ambitionierte Ziel gesetzt bis 2025 vollständig auf CO2-neutrale Energieerzeugung umzusteigen und den Eigenbedarf komplett selbst zu decken.

Projekt „Smart Box“

Zur Untersuchung der Flexibilität und Reservefähigkeit unterschiedlicher Verbrauchertypen auf der Insel Bornholm wurde eine „Smart Box“ entwickelt. Die Smart Box wurde in Haushalten und Industrieunternehmen auf Bornholm verteilt und ermöglicht die Steuerung von Lasten durch einfache Schaltung oder die Vorgabe von Grenzwerten, wie beispielsweise Temperaturbereiche. In Abhängigkeit der Netzfrequenz können Verbraucher im Gebäude mittels smarter Steuerung („Electronic Housekeeper“) durch die „Smart Box“ abgerufen werden. Diese Variante der in Deutschland bekannten Steuerbox mit intelligentem Messsystem lieferte die nötigen Daten, um nachzuweisen, dass die netzgeführte Steuerung von Lasten in Industrie und Haushalten auf Bornholm ohne Komfortverlust möglich ist. Am Projekt beteiligt waren neben namhaften Herstellern auch der dänische Netzbetreiber Ostkraft sowie die technische Universität Dänemark.

Effizienz ohne Grenzen – Ein Besuch auf Bornholm
Hans Henrik Ipsen, Projektmanager bei BEOF, hält in seinen Händen einen grauen, quadratischen Kasten, die „Smart Box“.

Maximaler Wirkungsgrad durch „Triple Energy Panel“

Wie eingangs erwähnt, haben sich nordische Unternehmen einen guten internationalen Ruf in Bezug auf Energieeffizienz erarbeitet. So auch das dänische Unternehmen RACELL, welches fortschrittliche Architektur-Solaranlagen produziert. Dabei ist es überflüssig zu erwähnen, dass solche Module auch auf Bornholm, der sonnenreichsten Insel Dänemarks zum Einsatz kommen. Beim „Triple Energy Panel“ können die Gesamtsystemkosten drastisch reduziert werden. Einerseits reduziert die vereinfachte Montage und Integration in die Gebäudearchitektur die Baukosten, andererseits erhöht die die „Triple Energy“-Technik den Energieertrag auf über 90 Prozent. Die Module bestehen aus mehreren Schichten, die bei Sonneneinstrahlung sowohl elektrische Energie als auch Wärmeenergie erzeugen. Darüber hinaus wird das Panel in der Nacht durch den integrierten Energieabsorber auch zur Kühlung eingesetzt. Optional können die Module mit einer Isolierung versehen und verstärkt werden. Damit ersetzen diese die Dachoberfläche und wirken sich beim Neubau sogar positiv auf die Gesamtkosten aus. Bei Wandmontage der Solarpanels kann sogar ein LED-Layer integriert werden, der für Beleuchtungszwecke oder als Werbefläche nutzbar ist.

Projekte laufen in der BGI-Strategie zusammen

Bornholm strebt eine CO2-neutrale Energieerzeugung an. Doch selbst diese Zielsetzung ist nur ein einzelner Schritt auf dem Weg zum eigentlichen Ziel, bis 2035 eine nachhaltige und klimaneutrale Inselgemeinde zu werden. Alle Maßnahmen laufen in der „Bright Green Island“ (BGI)-Strategie zusammen. Mit diesem visionären Titel beschreiben die Bornholmer das ambitionierte Projekt, das sich über 8 Meilensteine definiert.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Umsetzung bereits in allen Bereichen gelebt wird. Die Gemeinde Bornholm ist sich der Bedeutung des Tourismus auf der Insel bewusst und will diese aktiv in die grüne Ausgestaltung der Insel einbinden. Das Green Solution House nahe der Hauptstadt Rønne ist zum Beispiel ein Hotel, das vollständig auf Nachhaltigkeit setzt. Die Möbel und Fenster sind aus recycelten Materialien, Algentanks reinigen das Abwasser und produzieren Sauerstoff und natürlich sind auf dem Dach sowie an den Balkonen PV-Module zu finden.

Effizienz ohne Grenzen – Ein Besuch auf Bornholm
Links: „Green Wall“ zur Luftreinigung und Kühlung im Sommer im Green Solution House, Rechts: Algen-Tanks zur Wasseraufbereitung

Die HEA möchte sich bei allen beteiligten Unternehmen für die zahlreichen und detaillierten Informationen bedanken. Ein besonderer Dank gilt Hans Henrik Ipsen von Bornholms Energi & Forsyning, der den Autor bei den Recherchen begleitete und wertvolle Kontakte zu ortsansässigen Unternehmen herstellte.

Weiterführende Informationen zum Bericht finden Sie unter:

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