Planungsgrundlagen
Bei der Planung einer neuen Einbauküche gilt es, neben den ästhetischen und emotionalen Bedürfnissen ihrer Nutzer vor allem darauf zu achten, dass die täglichen Arbeitsabläufe mit dem geringst möglichen Kraft- und Zeitaufwand sowie unter den bestmöglichen ergonomischen Bedingungen darin abgewickelt werden können. Untersuchungen belegen, dass pro Tag in einer Küche durchschnittlich 360 unterschiedliche Handgriffe, Arbeiten und Wege anfallen (Quelle: Blum). In 20 Jahren summiert sich das auf rund 2,6 Millionen. Wenn bei jeder dieser Tätigkeiten Kraft, Mühe, Zeit und auch Wegstrecke eingespart werden können, macht das einen gewaltigen Unterschied für das körperliche und seelische Wohlbefinden ihrer Nutzer aus.
Moderne, individuell geplante Einbauküchen ähneln perfekt organisierten „Warenlagern”. Da sehr viele unterschiedliche Waren zum Einsatz kommen, plant der Fachmann verschiedene Küchenzonen (Definition Blum, www.blum.at) bzw. Funktionsbereiche (www.hettich.com) ein. Auf diese Weise können so unterschiedliche Arbeitsabläufe, wie das Aufbewahren, Vorbereiten, Zubereiten und Bevorraten von Lebensmitteln, Kochen/Backen/Garen, Spülen sowie das leicht zugängliche Lagern von Töpfen und Pfannen, Reinigungsmitteln und Müll, Gläsern, Besteck und Geschirr optimal koordiniert stattfinden.
Auf der Basis von Arbeitszeitstudien, Forschungsergebnissen, hauswirtschaftlichen Erfahrungswerten sowie Vereinbarungen unter der Mitarbeit von Industrie, Handel, Verbraucherverbänden und Behörden wurden Richtlinien für Küchenmöbel und Hausgeräte erstellt, wie z. B. die DIN-Normen. Vor allem den Technischen Ausschüssen der Arbeitsgemeinschaft Die moderne Küche e.V., Mannheim, ist es zu verdanken, dass die Küchenindustrie auf neu erarbeitete und aktualisierte Richtlinien und Merkblätter zurückgreifen kann. Sie haben zwar keinen verpflichtenden Charakter, dienen Sachverständigen vor Gericht jedoch häufig als wichtige Orientierungshilfe (Quelle: Die Planung Verlagsgesellschaft mbH/AMK). Folgende Normen des Deutschen Instituts für Normung (DIN) bzw. der Europäischen Union (EN) können für eine Küchenplanung herangezogen werden:
EN 1116 Koordinationsmaße für Küchenmöbel und Küchengeräte
EN 1153 Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren für eingebaute und freistehende Küchenschränke und Arbeitsplatten
DIN 18011 Notwendige Stellflächen im Küchen- und Wohnungsbau sowie Maße und Zuordnung von Räumen (Dokument zurückgezogen)*
DIN 18015 Elektrische Anlagen in Wohngebäuden
DIN 18022 Küchen, Bäder und WCs im Wohnungsbau (Dokument zurückgezogen)*
DIN 66354 Kücheneinrichtungen; Formen, Planungsgrundsätze
DIN 68871 Möbel - Bezeichnungen und deren Anwendungen
DIN 68881 Begriffe für Küchenmöbel, Küchenschränke
* Da in der Norm jedoch allgemeingültige Begriffe für die Planung definiert sind, wird in der Praxis weiterhin nach dieser Norm geplant.
Auch wenn es DIN- und EN-Normen gibt, so lassen sie bei der planerischen Gestaltung dennoch viel Spielraum für spezielle Kundenwünsche und -vorlieben. Neben der Berücksichtigung der entsprechenden Funktionsbereiche bzw. Arbeitszonen sind vor allem auch der persönliche Arbeitsrhythmus, die Gepflogenheiten und familiären Umstände in die Planung mit einzubeziehen. Die schnelle und leichte Bedienbarkeit und Zugänglichkeit von Küchenmöbeln und Hausgeräten (siehe Ergonomie) sind für alle Personengruppen gleich wichtig, nicht nur für gehandicapte und ältere Personen.
Planen mit System
Die moderne Einbauküche öffnet sich heute mehr denn je in Richtung Wohnlandschaft – mit fließenden Übergängen hin zu den anderen Wohnräumen. In diesem Sinne kann man von einer Art Wohnküche sprechen, obwohl damit im klassischen Sinn eine Einbauküche definiert ist, die ins Wohnzimmer integriert wurde. Selbst in kleinen Wohnungen und Appartementküchen zeichnet sich ein Trend zu mehr Behaglichkeit und Wohlfühlambiente ab. Was in keiner Küche fehlen sollte, ist ein Essplatz – zumindest jedoch eine Gelegenheit, sich hinsetzen zu können, um den Rücken zu entlasten (Sitzarbeitsplatz).
Vor der Planung einer neuen Einbauküche sind viele grundsätzliche Überlegungen anzustellen, z. B.:
- Geht es um Ersatzbedarf, eine Küchenmodernisierung oder um die Anschaffung einer neuen Küche?
- Wie sind die baulichen und architektonischen Gegebenheiten?
- Welche Installationsarbeiten für elektrische Anschlüsse sind im Vorfeld erforderlich bzw. möglich?
- Liegt eine exakte maßstabsgetreue Bauzeichnung bzw. Skizze vor, in der alle Anschlüsse für Strom, ggf. Gas und Wasser sowie Türen und Fenster mit Fensterbanktiefe und -höhe sowie Kamine und Mauervorsprünge eingezeichnet sind?
- Wie sind die Lichtverhältnisse? Gibt es ein Fenster? Aus welcher Himmelsrichtung fällt das Licht ein?
- Ist eine Wohnküche geplant?
- Welche Küchenform wird bevorzugt?
- Soll die Küche auf einem Sockel oder Füßen ruhen?
- Wie und von wem wird die Küche überwiegend genutzt?
- Sind kleine Kinder im Haushalt (siehe Kindersicherheit)?
- Nutzen gehandicapte Personen die Küche (siehe Barrierefreie Küche)?
- Alter der hauptsächlichen Nutzer und deren Mobilität?
- Ist ein Essplatz, eine Essbar oder eine Esstheke gewünscht? Wenn ja, wie groß soll er sein und wie vielen Personen Platz bieten?
- Soll eine Sitzbank oder ein Podest mit berücksichtigt werden?
- Welche Elektro-Groß- und Kleingeräte sind vorgesehen?
- Wie stehen die Käufer zum Thema Energieeffizienz/Nachhaltigkeit von Elektrogeräten?
- Sollen die Geräte sichtbar sein oder hinter Möbelfronten integrierbar?
- Inwieweit müssen bereits vorhandene Geräte mit berücksichtigt werden?
- Sollen Einbau-, Unterbau- und/oder Sologeräte (Standgeräte) und ggf. vollintegrierbare Geräte eingeplant werden?
- Sind Elektrogeräte mit Edelstahlverkleidung und Antifingerprint-Oberflächen vorgesehen?
- Wie soll die Gestaltung des Umfeldes aussehen (Decke, Boden, Wände)?
- Wird bei der Kücheneinrichtung zunächst nur mit einer Grundausstattung begonnen, die später bei Bedarf erweitert werden kann, oder soll die Küche komplett eingerichtet werden?
- Wo soll ein Sitzarbeitsplatz eingeplant werden?
- Wie groß sind die hauptsächlichen Nutzer (siehe Ergonomie)?
- Wie viel Stauraum wird benötigt?
- Wie soll die Stauraumorganisation aussehen (Inneneinteilung und -ausstattung von Auszügen, Schubkästen und Schränken)?
- Welche Hochschränke und/oder Sideboards sollen eingeplant werden?
- Sind automatisch wirkende Schließdämpfungen erwünscht und/oder eine mechanische, elektrische oder vollelektronische Öffnungsautomatik der Möbelfronten?
- Welche Ansprüche werden an die Oberflächen und Werkstoffe sowie die Verarbeitung der Küchenmöbel gestellt?
- Welche Wünsche bestehen hinsichtlich Design, Küchenstil und der Farbstellungen?
- Welches Budget ist für den Kauf einer neuen Küche eingeplant?
Eine gute Einstiegslektüre für alle Kücheninteressierten ist der „Ratgeber Küche”. Er informiert aktuell, kompetent und firmenneutral rund um die Planung und Gestaltung moderner Einbauküchen. Herausgeber ist die AMK – (www.amk.de). Der neue Ratgeber kann gegen eine Schutzgebühr und Versandkostenpauschale bezogen werden. Der Online-Ratgeber ist zugänglich unter www.amk-ratgeber-kueche.de.
Ergonomie in der Einbauküche
Unter Ergonomie versteht man grundsätzlich die anatomische Anpassung von Tischen, Stühlen und Arbeitsmitteln an den Menschen. Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern ergon (Arbeit, Werk) und nomos (Gesetz, Regel) zusammen. Zentrales Ziel der Ergonomie ist die Schaffung geeigneter Rahmen- und Ausführungsbedingungen für die Arbeit des Menschen sowie die Nutzung von technischen Geräten, Einrichtungen und Werkzeugen. Besonderes Augenmerk wird neben einer menschgerechten Gestaltung des Arbeitsraumes vor allem auf die Verbesserung der Interaktion zwischen Mensch und Technik gesetzt. In einer Küche ist das Ziel der Ergonomie, den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass die hauptsächlichen Nutzer ihre Fähigkeiten unter Berücksichtigung ihrer natürlichen Grenzen optimal nutzen können (Quellen: Wikipedia, AMK Ratgeber Küche, AMK-Ergonomiestudie 2011 der TU Darmstadt, AMK-Küchenstandards).
Da in einem Mehrpersonenhaushalt etwa die Hälfte der wöchentlichen Hausarbeitszeit allein auf Tätigkeiten in der Einbauküche entfallen, sollte diese so gestaltet sein, dass die hauptsächlichen Nutzer diese Verrichtungen in ergonomischer Körperhaltung durchführen können; das verhindert asymmetrische Belastungen der Wirbelsäule und beugt Rückenschmerzen und Schädigungen am Bewegungsapparat vor; ebenso Ermüdungen und damit eventuell möglichen Unfällen.
Von zentraler Bedeutung für die Körperhaltung ist eine optimale Arbeitshöhe der Küchenmöbel (z. B. von Arbeitsplatte und Spüle) und der Geräte (z. B. Kochfeld, Backofen, Geschirrspüler). Ist die Arbeitshöhe zu niedrig, führt eine dadurch nach vorn gebeugt eingenommene Körperhaltung schon nach kurzer Zeit zu einer Verspannung der Rückenmuskulatur und erheblichen Belastungen der Bandscheiben. Ist die Arbeitshöhe zu groß, ergeben sich Probleme durch einen erhöhten Kraftaufwand. Das zeigt sich beispielsweise schnell bei allen vorbereitenden Tätigkeiten auf der Küchenarbeitsplatte, beim Herausheben von schwerem Kochgeschirr und Gegenständen aus zu großer Höhe (z. B. aus Hänge- bzw. Oberschränken, Vorratsschränken und dem Kühlschrank).
Die Ellenbogenhöhe als Referenzmaß für ergonomische Arbeitshöhen
In der ergonomischen Analyse kann die vielfältige Küchenarbeit mit einem Steh-Sitzarbeitsplatz in einer Werkstatt verglichen werden. Die Ellenbogenhöhe wird hier nach DIN EN ISO 14738 als Referenzmaß für eine bequeme Arbeitshöhe empfohlen. Sie wird gemessen vom Boden bis zum Ellenbogengelenk bei geradem, um 90° abgewinkeltem Unterarm.
Wie Arbeitswissenschaftler der TU Darmstadt in einer Ergonomiestudie im Auftrag des AMK 2011 festgestellt haben, sind die Menschen seit der letzten Studie 1996 größer geworden und die Körperproportionen haben sich verschoben. Seither wird nicht mehr die Körpergröße als entscheidend für die optimale Arbeitshöhe angesehen, sondern die Ellenbogenhöhe. Als Hilfsmittel, um diese optimale Arbeitshöhe zu messen, dient das von der AMK e.V. entwickelte „AMK ergonoMeter©“
Richtmaß für die ergonomisch beste Arbeitshöhe und Arbeitsplattentiefe ist die Ellenbogenhöhe derjenigen Person, die in der Küche am häufigsten tätig ist. Sind es zwei oder gar mehrere unterschiedlich große Personen, muss eine gemeinsame akzeptable Arbeitshöhe ermittelt werden.
Es gibt für alle Arbeitsvorgänge optimale Höhen und Flächengrößen. Bei leichten Küchenarbeiten sollte sich die Arbeitsfläche 10 bis 15 cm unterhalb der Ellbogenhöhe befinden, so die Empfehlung der Arbeitswissenschaftler der TU Darmstadt.
Für vorbereitende Tätigkeiten sollte in jeder Einbauküche eine Sitzgelegenheit bzw. eine entsprechende Arbeitsfläche in Sitzhöhe (710 mm) vorhanden sein. Damit der Unterarm bequem mit der Hand auf der Platte aufliegen kann, sollte sich diese Arbeitsfläche bis zu etwa 5 cm über dem Oberschenkel befinden. In dieser Höhe lässt sich in angenehmer Sitzhaltung auch längere Zeit unbelastet arbeiten. Unterschiede in der Körpergröße der verschiedenen Nutzer können innerhalb eines begrenzten Rahmens durch einen höhenverstellbaren Stuhl ausgeglichen werden. Es werden auch höhenverstellbare Arbeitsflächen sowie kleine Auszugstische und Multifunktionssäulen mit mobilen Arbeitsflächen angeboten.
Platz in der Küche optimal nutzen
Es ist auch möglich, die Arbeitstiefe von meist 60 cm auf 70 cm und mehr zu erweitern. Damit ergibt sich neben einem Arbeiten mit mehr Reichweite, Sicht und zusätzlicher Arbeitsfläche auch noch ein Plus an Stauraum. Denn die Arbeitsplatte wird nicht nur für eine Vor- und Zubereitung der Mahlzeiten genutzt, sondern auch als Abstellfläche für täglich benutzte Kleingeräte, wie z. B. Küchenmaschine, Wasserkocher, Entsafter, Eierkocher, Toaster, Kaffeemaschine und Espressoautomat. Doch auch zum Platzieren von allem Dekorativem – wie Porzellan, Vasen oder Weinflaschen – eignen sich extratiefe Arbeitsflächen. Für Endkunden, die ihre Kleingeräte schnell griffbereit, jedoch unsichtbar hinter den Möbelfronten verstaut wissen wollen, eignen sich so genannte Aufsatzschränke mit Schiebe- oder Jalousietüren (Rolladen).
Viel Zeit wird in einer Einbauküche an der Spüle sowie der Kochstelle verbracht. Bei der Spüle wird im Becken gearbeitet, während bei der Kochstelle der erhöhte Topfrand relevant ist. Aus ergonomischer Sicht ergibt sich daraus: Ideal ist der erhöhte Einbau der Spüle (plus 10 cm zur ergonomisch ermittelten Arbeitshöhe) – auch wenn ein Geschirrspüler eingeplant wird oder bereits vorhanden ist – sowie das Absenken des Kochfeldes um 25 cm. Beides lässt sich besonders einfach bei einer Insellösung erreichen, ohne Höherversprünge in der Arbeitsplatte.
Auch die Küchennische lässt sich zum Verstauen von wichtigen Kochutensilien nutzen. Dieser Raum zwischen Arbeitsplatte und Oberschrank sollte mindestens 50 cm betragen. Allerdings ist beim Planen der Oberschränke und des Dunstabzuges besonders auf die Kopffreiheit zu achten (Maximaltiefe ca. 40 cm) und ein sicheres Öffnen – also möglichst keine Türen, an denen sich die Nutzer stoßen können; statt dessen Oberschränke mit Klappen, die sich bequem und ergonomisch nach oben öffnen lassen oder mit Schiebetüren.
Die Höhe der Oberschränke variiert je nach Hersteller und Möbelprogramm, daher werden sie in vielen unterschiedlichen Höhen und Breiten angeboten. Daraus resultieren Gesamthöhen zwischen etwa 200 und 245 cm (gemessen von der Oberkante Fußboden bis zur Oberkante Oberschrank). Doch auch der Einbau vom Fußboden bis zur Decke ist aufgrund neuer, attraktiver Rastermaße möglich.
Aus ergonomischer Sicht sollte die maximale Höhe der Schränke und Regale maximal 35 cm höher als die Körpergröße sein. Wünscht der Kunde eine Höhe darüber hinaus, sollte in der Küche auf jeden Fall eine sichere Trittleiter eingeplant werden, um eventuelle Unfälle zu vermeiden. Viele Küchenmöbelprogramme nutzen heute den Sockel als zusätzlichen Stauraum. Darin lässt sich beispielsweise auch eine kleine Trittleiter unterbringen.
Die Einhaltung der empfohlenen Arbeitshöhen ist auch beim Einbau der Elektro-Großgeräte von entscheidender Bedeutung. Da er täglich benutzt wird, ist verständlich, dass der Kühlschrank in einen Hochschrank in bequemer Sicht- und Greifhöhe eingebaut werden sollte. Das gleiche gilt für einen Einbau-Geschirrspüler, Einbau-Backofen, Einbau-Dampfgarer und ein Einbau-Mikrowellengerät.